Reisetagebuch 2. Juni 2018: Stadtrundfahrt in Astana

Info: Sofern nicht anders angegeben, beziehen sich alle Uhrzeit-Angaben auf die Ortszeit in Kasachstan. Die mitteleuropäische Sommerzeit liegt 4 Stunden zurück.

Leider war es ziemlich regnerisch an diesem Tag. Ich machte zeitweise nur wenige Fotos, um die Kameras vor dem Wetter zu schützen. Und wie es bei Rundfahrten mit dem Bus nun mal so ist: Manches wird einem über die Durchsage-Anlage erzählt, aber man hält nicht an. Ich versuche trotzdem, die Route hier zu beschreiben und einige Bilder aufzulisten, die aus dem fahrenden Bus durchs Fenster entstanden sind.

An diesem Tag begann das offizielle Reiseprogramm unseres Veranstalters. Nahezu alle Teilnehmer unserer Reisegruppe waren inzwischen eingetroffen und es gab noch einige neue Leute zu begrüßen.

Für diesen Tag war eine Stadtrundfahrt durch Astana geplant. Nach dem Frühstück wartete schon ein Bus auf uns. Über die Durchsage-Anlage stellte sich eine einheimische Fremdenführerin vor. Asem begleitete uns während der Tour und berichtete auf englisch viel über die Stadt und die Architektur.

Der Bus folgte ganz am Anfang für einen Moment der Strecke, die wir mit einigen Mitgliedern unserer Reisegruppe am Vortag schon gelaufen waren. An einer Stelle, an der wir als Fußgänger abgebogen waren, fuhr der Bus weiter und schon hielten wir an der ersten Sehenswürdigkeit, der „Assumption Cathedral“, ein schönes Gebäude der russisch-orthodoxen Kirche.

Unser Zeitplan war ziemlich knapp gefasst und mir schien es, als wäre hier eigentlich kein Zwischenstopp geplant gewesen. Trotzdem hielten wir an und wir konnten ein paar wenige Minuten aussteigen und Fotos machen. Dann ging es auch schnell weiter.

Während der Fahrt berichtete Asem über die Geschichte der Stadt. Astana ist die zweitgrößte Stadt Kasachstans und hat über eine Million Einwohner. Seit dem 10. Dezember 1997 ist Astana (damals noch unter dem Namen „Aqmola“) Hauptstadt. Die Umbenennung in Astana erfolgte am 6. Mai 1998. Für mich ist das irgendwie ein wohlklingender Name. Seine Bedeutung ist aber ganz einfach: „Astana“ ist kasachisch für „Hauptstadt“.

Wir fuhren am „Sportpalast Kasachstan“ vorbei, einer Eishockeyhalle zwei Arenen und am Monument „Otan Korgaushylar“ (The Defenders of the Motherland). Eigentlich habe ich kein Faible für kriegerische Denkmäler, aber dieses wirkte ziemlich eindrucksvoll und ich bedaure irgendwie, dass wir hier nicht angehalten haben. Das Monument ist 24 Meter hoch und soll ein Symbol für die Einheit aller Nationen in Kasachstan sein. Auf einer Seite ist eine Frau mit einer Schüssel zu sehen, als Symbol für Frieden und Wohlstand.

Ich konnte das Monument nur kurz aus dem Bus heraus betrachten und schnell war es wieder außer Sicht. Schließlich hielten wir zwischen mehreren markanten Gebäuden.

Das eine Gebäude ist das Finanzministerium, davor ist ein Brunnen mit einer kugelförmigen Skulptur zu sehen. Dieser Anblick war bei unserem Besuch nicht besonders schön: Um den Brunnen herum wurde neu gepflastert, so dass das Ensemble sicher nicht so wirkte wie gedacht. Leider informierte ein Hinweisschild, dass im Brunnen nicht geschwommen werden darf. Ich packte die Badehose wieder ein.

Zieht man eine Linie vom Finanzministerium über den Brunnen über die Straße hinweg, stößt man auf ein beeindruckendes Monument. Es zeigt die beiden Khans Kerei (sitzend) und Janibek (stehend). Sie gehörten einem Volk von Nomaden an und waren Söhne des Khans Boraq. Dieser wurde vom Stammesherren Abu’l-Chair getötet, der die Nomaden in ein islamisches Reich zwingen wollte. Kerej und Janibek zogen verließen mit ihren Clans das Gebiet, kehrten aber später zurück und konnten Abu’l-Chair in einer Schlacht besiegen. 1509 begründete Qasym, ein Sohn Janibeks, das Kasachen-Khanat. Im verlinkten Artikel kann man die Vorgeschichte und Nachgeschichte besser verfolgen. Schauen wir wieder auf das Monument.

Ernst blicken die beiden Khans in Richtung Finanzministerium, natürlich ein Gegenstand einiger Witzeleien in der Reisegruppe. Trotzdem hat mir der Ausdruck der beiden Figuren irgendwie gefallen. Die Darstellung wirkt eher seriös als bedrohlich. Auch Stolz und etwas Prunk meine ich darin zu sehen.

Links und rechts kann man am Monument vorbeigehen und schaut dann auf die ehemalige Residenz des kasachischen Präsidenten. Dieses Gebäude beherbergt heute das „Museum des ersten Präsidenten der Republik Kasachstan“. Das Museum beschäftigt sich mit der Unabhängigkeit des Staates Kasachstan und der Rolle des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew. Kasachstan wurde am 16. Dezember 1991 unabhängig, bis dahin war es seit 1936 eine Unionsrepublik innerhalb der Sowjetunion.

Der nächste Stopp auf der Rundfahrt war dann gar nicht so weit entfernt. Wir fuhren ungefähr 1,3 Kilometer um zwei Ecken und hielten dann ganz in der Nähe des Flusses Ischim. Dieser Fluss ist fast 2500 Kilometer lang. In Astana hat man einige Dinge mit ihm angestellt, um beeindruckendere Ansichten zu erstellen. Er erhielt eine Verbreiterung und einige Gestaltungen am Ufer.

Unser aktueller Halt war bei einer Art Markt. An der Straße gab es eine Reihe von kleinen Ständen, die aussahen wie kleine Konzertmuscheln. Dort gab es Kleidung, Schmuck, aber auch Anstecker und Pins zu kaufen. Davon hatten einige Raumfahrtbezug, einige andere stellten Motive aus Zeiten der Sowjetunion dar. Pablo kaufte einen Orden mit „Schlägel und Eisen„-Motiv, der später seinen Weg zu Christian Keßen fand, dem Macher des „Kohlenpod„-Podcasts.

Zwischen dem Markt und dem Fluss gibt es einen kleinen Platz. Ein Monument dominiert den Platz. Es zeigt Kenisari Khan, den letzten der kasachischen Khans.

Von hier hat man einen schönen Blick über den Fluss. Weitere Skulturen und Bauwerke gibt es hier zu entdecken. Wir entdeckten auch einen Eisverkauf, bei dem wir dank der Übersetzung unseres Reiseführers wirklich nettes Eis kaufen konnten. Später stellte sich denn auch heraus, dass wir uns hier eigentlich zu lange aufgehalten hatten. Aber das Eis war es wert gewesen.

Danach ging es mit dem Bus vorbei am ehemaligen Kulturzentrum des Präsidenten. Das große Gebäude mit blauen Dächern beherbergt heute das kasachische Museum für Militärgeschichte. Über die Ramstore Arch Bridge ging es dann in das „neue Astana“, wie Asem es formulierte.

Auf der anderen Seite des Flusses passierten wir ein Gebäude in Form einer fliegenden Untertasse. Es beherbergt den Zirkus Astana und fasst 2000 Zuschauer*innen.

Dann fuhren wir am Mega Center Astana vorbei, einem großen Einkaufszentrum und konnten im Vorüberfahren noch einen kurzen Blick auf die Oper von Astana werfen. Es soll über eine sehr gute Akustik verfügen. Aber auch hier waren wir schnell vorbei.

Wir hielten an Khan Shatyr, dem größten Zelt der Welt. Es erreicht eine Höhe von 150 Metern, innen findet man ein großes Einkaufszentrum und einen Freizeitpark. Eine Konstruktion aus drei Gittermasten trägt das Zelt. Es ist schon ein seltsamer Anblick, darin zu stehen und in der dritten Etage einen großen Tyrannosaurus Rex zu sehen. In dieser Etage befinden sich außerdem verschiedene Fahrgeschäfte wie z.B. eine Achterbahn. Auch eine Einschienenbahn gibt es, die einmal um den großen Platz in der Mitte fährt. Wir wären gerne eine Runde damit gefahren, aber die Zeit reichte leider nicht aus.

Beim Verlassen des Zelts durch den Haupteingang blickt man eine große Achse entlang, die sich drei Kilometer bis zum Ak-Orda-Palast ersteckt. Im Regen war dieser noch schwach zu sehen. Durch das Gebäude von Samruk-Kazyna konnten wir aber zum Bajterek-Turm blicken, unserem nächsten Ziel auf der Route.

Der Bajterek-Turm ist über 100 Meter hoch und symbolisiert einen mythologischen Baum, in den ein magischer Vogel ein Ei gelegt hat. Dieses Ei enthält die Beobachtungsplattform in Höhe von 97 Metern. Hier hat man einen guten Rundumblick, wenn auch hier das Wetter ein bisschen die Freude an der Aussicht nahm. Aber trotzdem war der Besuch des Turms eine spannende Sache. Innerhalb der Kugel kann man spiralförmig weiter nach oben gehen und findet dort ein Dreieck mit einem Handabdruck des ersten kasachischen Präsidenten, Nursultan Nasarbajew.

Die Spitze des Dreiecks weist direkt zum Ak-Orda-Palast, dem offiziellen Sitz des kasachischen Präsidenten. Der Palast verfügt über eine große blau-goldene Kuppel zu sehen, darauf eine hohe goldene Spitze. Bis zum obersten Punkt der Spitze hat der Palast eine Höhe von 80 Metern.

Der Blick vom Turm zum Palast wird symmetrisch eingerahmt von zwei gold-farbenen Gebäuden links und rechts der langen Achse vom Zelt Khan Shatyr bis zum Kazakh-Eli-Monument, das wir am Vortag schon gesehen hatten.

In der Nachbarschaft bemerkten wir die Baustelle der Abu Dhabi Plaza. Hier entstehen mehrere Gebäude. Das größte soll mit 382 Metern das höchste Gebäude Zentralasiens werden.

Auf dem Weg von Khan Shatyr zum Bajterek-Turm fuhren wir an der Nur-Astana-Moschee vorbei, die wir auch von der Aussichtsplattform des Turmes noch mal betrachten konnten. Sie war einmal die größte Moschee Kasachstans, später wurde dieses die Hazrat-Sultan-Moschee in der Nähe unseres Hotels, die wir schon an den vorherigen Tagen von außen sehen konnten.

Im Bus wurde uns dann gesagt, dass eigentlich ein Besuch der Hazrat-Sultan-Moschee geplant gewesen war, wir aber zu viel Zeit verloren hätten. Es wurde dann noch mal kurz gesprochen und dann gab es gute Nachrichten: Wir würden doch bei der Moschee anhalten und dürften in das Innere gehen. Wir sollten uns aber beeilen.

Über den großen Vorplatz hinweg näherten wir uns dem großen Gebäude und traten dann durch wunderbar gearbeitete Türen ins Innere, zunächst in einem Vorraum. Hier zog ich meine Schuhe aus, Personal der Moschee wies dann zu einer Art Garderobe mit der Möglichkeit, Gepäck und Schuhe abzustellen.

Dann betrat ich den großen Raum… oder was ich dafür hielt. Mich foppte irgendwie das Innere zusammen mit den Ausmaßen des Gebäudes. Es wirkte kleiner als erwartet, aber nicht so sehr, dass ich mich sehr gewundert hätte. Ich machte einige Fotos und ging dann einige Stufen hinauf. Ich staunte: Hier sah ich dann den wirklich großen Raum. Rückblickend wundere ich mich immer noch darüber, dass mir dieser große Unterschied nicht sofort ins Auge gefallen war, dass der erste Raum bei den Ausmaßen des Gebäudes unmöglich alles gewesen sein konnte. Die Moschee fasst 5000 Betende, kann aber 10000 Menschen aufnehmen. Damals wusste ich das noch nicht, und so schiebe meinen Irrtum bequemlicherweise einfach auf die Müdigkeit.

Der große Raum ist… groß. Er ist riesig. Und er ist schön. Wir blieben außerhalb einer Absperrung, die den inneren Bereich abtrennte. Ich nehme an, damit sollen Betende ungestört bleiben.

Wie oft bei großen umbauten Räumen hatte ich Probleme, die Ausmaße wirklich wahrzunehmen. Menschen am anderen Ende des Raumes gaben einen groben Anhaltspunkt. Gleichzeitig war der Raum sehr hoch und die große Kuppel in der Mitte erreicht eine Höhe von 51 Metern.

Ich war von dem Besuch hier sehr beeindruckt und freue mich immer noch sehr, dass wir die Gelegenheit hatten, das Innere zu besuchen – auch wenn es nur ein kurzer Besuch war.

Die Moschee war die letzte Station unserer Stadtrundfahrt und die letzte größere Aktivität in Astana. Am nächsten Tag sollten wir nach Baikonur weiterreisen.